
Quo vadis USA?
Donald Trumps Staatsumbau ist eine Operation am offenen Herzen. Ohne Narkose. Die langfristigen Folgen für den amerikanischen Patienten und für Europa werden massiv unterschätzt. Eine Länder- und Trendanalyse für die Unternehmensplanung 2025/2026.
Nach etwa einem halben Jahr seit der zweiten Amtseinführung von Donald Trump sind die Vereinigten Staaten von Amerika kaum wiederzuerkennen. Schaut man sich jedoch die Börsenkurse und die Beliebtheitswerte des US-Präsidenten an, so klingt vieles nach „Business as usual.“ Diese Momentaufnahme könnte sich als eine der größten kollektiven Fehleinschätzungen in der Weltgeschichte herausstellen. Umso wichtiger ist es, dass jeder den Umfang und Inhalt dieser Trends kennt, um dann die richtigen Schlüsse für zukünftige Unternehmensplanungen zu ziehen.
Amerika als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten existiert nicht mehr
Milliarden von Menschen sind in den letzten hundert Jahren mit einer Reihe von Grundgewissheiten über die Vereinigten Staaten von Amerika aufgewachsen:
- Die USA ist die älteste Demokratie und der US-Präsident der Anführer der freien Welt.
- Die USA haben als Weltpolizist einen festen Platz in der NATO und den Vereinten Nationen.
- Der Dollar ist als Weltwährung systemrelevant.
- US-Staatsanleihen sind sicher.
- Und schließlich sind die USA das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in dem es ein Tellerwäscher zum Millionär schaffen kann, wenn er bzw. sie nur hart genug arbeitet und an sich glaubt. Die USA stehen somit für Freiheit und Gleichheit, unabhängig von der Hautfarbe, vom Geschlecht sowie anderen Unterscheidungsmerkmalen.
Die Wirklichkeit könnte kaum weiter von diesem alten Mythos entfernt sein. Daran ändert auch der Ende Juli vereinbarte Dirty Deal mit der EU nichts, der den Europäern einseitige Zollzahlungen aufbürdet und die USA für einen Moment als die großen Gewinner dastehen lässt. Den Preis für diesen Protektionismus werden vor allem die amerikanischen Verbraucher und Unternehmen zahlen müssen. Ob diese Kosten niedriger sein werden als die vereinbarten Bestellungen von LNG-Gas, Erdöl und Waffen aus amerikanischer Produktion, darf bezweifelt werden.
Und auch wenn nicht jede Fehlentwicklung ihren Ursprung bei Donald Trump findet, so hat dieser doch in kürzester Zeit unser Bild von den USA radikal verschoben, auch wenn dies viele noch nicht wahrhaben wollen:
- Die USA sind auf dem Weg in eine Plutokratie mit Trump als Boss. Durch die absolute Herrschaft des amerikanischen Staatsoberhauptes und einer Flut präsidialer Dekrete wurde die Existenzberechtigung des Kongresses ad absurdum geführt. Die Unabhängigkeit der US-Gerichte wird vom Weißen Haus nicht nur angezweifelt. Richter, Staatsanwälte und Verteidiger, die dem US-Regime nicht genehm sind, werden unter Druck gesetzt und teilweise sogar verhaftet.
- Der US-Präsident und sein Vize streuen immer wieder ganz ungeniert Zweifel an der Mitgliedschaft in der NATO und den Vereinten Nationen. Dadurch verstärken sich die Vorbehalte in der amerikanischen Gesellschaft gegenüber Institutionen generell.
- Die Nachfrage und der Wert des Dollars sinken. Immer mehr Staaten wagen den Sprung in die finanzielle Unabhängigkeit und suchen nach Alternativen zur amerikanischen Leitwährung. Derweil stellt Trump die Unabhängigkeit der FED in Frage. Mit einem neuen US-Notenbankchef droht eine massive Zinssenkung und Abwertung des US-Dollars. Am Ende dieses Währungskrieges könnten, wenn man die Vorschläge des MAGA-Wirtschaftsweisen Stephen Miran und seinen “Mar-a-Lago Accord” ernst nimmt, die Inhaber von US-Staatsschulden in der Zukunft gezwungen werden, diese in niedrigzinsige und mit extremen Laufzeiten versehene SWAPs zwangsweise umzuwandeln.
- China und Japan verkaufen ihre über Jahrzehnte angehäuften US-Staatsanleihen. Im Mai 2025 sah sich die Ratingagentur Moody’s gezwungen, die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten von Aaa auf Aa1 abzuwerten. Dabei planen die USA gerade jetzt mit dem „Big Beautiful Bill“ einen gigantischen Anstieg der Staatsverschuldung, der mit erhöhten Zinsen erkauft werden kann.
- Die USA gehören seit vielen Jahren zu den Ländern mit der größten, gesellschaftlichen Ungleichheit. Rassismus gehört zum Alltag. Mit Donald Trump wird dieser Zustand verschärft. Die geplanten Steuersenkungen begünstigen primär die Reichen. Bis zu 16 Millionen Menschen droht stattdessen nun der Verlust staatlicher, medizinischer Hilfen. Wer nicht zu den Eliten gehört, wird es nach dem Verbot des DIE (Diversity, Equity, Inclusion) Prinzips zukünftig schwer haben, einen zu den eigenen Talenten adäquaten Job zu finden. Zusätzlich drohen nach dem SAVE Act 69 Millionen Frauen ihr Wahlrecht indirekt zu verliehen, wenn sie nach der Heirat ihren Namen geändert haben, sofern keine weiteren Urkunden vorgelegt werden können.
- Last but not least sind Reisende in die USA nicht mehr geschützt vor staatlicher Willkür. US-Expertin Sandra Navidi berichtet auf n-tv, dass Geschäftsleute und Urlauber aus Europa tagelang festgenommen wurden, weil sie offenbar einen kritischen Post auf sozialen Medien geschrieben bzw. geteilt haben. Jeder Nicht-Amerikaner steht nun unter Generalverdacht. Geschäftsleuten, die in die USA reisen, wird dringend empfohlen, keine sensiblen Daten auf Smartphones und Notebooks mit sich zu führen, weil diese beim Betreten des Landes ausgelesen werden könnten. Dies gilt auch für Rechtsanwälte.
Systembruch mit Hilfe präsidialer Dekrete
Was sich wie das Drehbuch zu einem dystopischen Thriller liest, ist leider real. Wir erleben gerade eine der größten geopolitischen Systembrüche seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Die Radikalität und das Tempo der von Trump und der von ihm eingesetzten Effizienzbehörde DOGE initiierten Veränderungen, kennt man normalerweise nur von einem Militärputsch.
Am 3. November 2026 finden die Midterms-Wahlen in den USA statt. Zum jetzigen Zeitpunkt (d.h. Mitte Juli 2025) ist nicht zu erkennen, dass die immer noch seit der US-Präsidentschaftswahl unter Schock stehende Demokratische Partei eine politische Machtverschiebung oder sogar ein Amtsenthebungsverfahren einleiten könnte. Und auch der Einfluss der von Elon Musk gegründeten „America Party“ kann noch nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden.
Stattdessen sollten europäische Unternehmen die von den USA ausgehenden Veränderungen richtig deuten. Wenn in einer Krise die Spielregeln neu geschrieben werden, können sich hieraus auch Chancen ergeben, wenn Europa bereit ist, selbst Verantwortung zu übernehmen und sich auf die eigenen Stärken zu besinnen.
Blaupause für zukünftige Unternehmensplanungen
Die nachfolgenden, relativ sicheren makroökonomischen Daten können für eigene Prognosen und Pläne sowie für unternehmensindividuelle und branchenspezifische Anforderungen genutzt werden:
Trends Ökonomie & Arbeit 2026
- Die wichtigste ökonomische Erkenntnis dürfte die sein, dass die USA quasi pleite sind. Neben den bereits jetzt existierenden Staatsschulden in Höhe von 36 Billionen Dollar, plant Donald Trump eine weitere Deckung des Haushaltsdefizits mit Krediten. Um die in dem Gesetzespaket „Big Beautiful Bill“ enthaltenen Steuergeschenke an Besserverdienende finanzieren zu können, werden Sozialleistungen wie Medicaid gekürzt. Der wichtigste Investor für diese protektionistische und isolationistische Wirtschaftspolitik sollen aber ausländische Staaten sein, die (man muss es an dieser Stelle deutlich sagen) unrealistische Zölle zahlen sollen, falls sie ihre Produkte nicht in den USA herstellen. Ganz abgesehen davon, dass kaum ein Unternehmen zehn, zwanzig oder sogar 50% Zölle selber tragen kann. Die USA verfügen nicht über eine kritische Masse an Facharbeitern, um eine komplette Umverlagerung der Produktion in die Vereinigten Staaten zu ermöglichen. Am Ende des Tages werden die US-Kunden all dies mit einer steigenden Inflation bei gleichzeitig sinkender Kaufkraft des Dollar bezahlen müssen.
- Die Dämonisierung bislang befreundeter Nachbarstaaten und Zielmärkte wie Kanada, Mexiko oder auch Brasilien wird dazu führen, dass sich diese Länder und deren Unternehmen und Kunden neue Geschäftspartner suchen werden.
- Ab sofort gibt es entgegen des 14. Verfassungsgrundsatzes kein Geburtsrecht für alle mehr. Gleichzeitig schiebt die Ausländerbehörde ICE (Immigrations and Customes Enforcement) Tausende von Immigranten ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung ab. Ziel ist es, diese bis zu 11 Millionen Menschen umfassende Zielgruppe komplett aus den USA zu entfernen, obwohl diese seit teilweise mehr als zehn Jahren im Land geduldet werden, Familien mit Kindern gegründet haben und offiziell Steuern zahlen. Für Landwirtschaft, Pflegeberufe, Restaurants oder die Baubranche handelt es sich hierbei um systemrelevante Arbeitskräfte, die nun fehlen. So mehren sich die Hinweise, dass insbesondere in demokratisch regierten Bundesstaaten die Ernte auf den Feldern verfault, weil niemand sie einsammeln kann. All dies sind Warnzeichen für eine drohende Rezession der USA.
- Die USA haben sich aus dem Mindestbesteuerungsabkommen verabschiedet.
- All diese Unsicherheiten erklären, warum US-Investoren vor allem in Deutschland verstärkt investieren wollen. Ein Vorbild, dem auch deutsche Unternehmen und Investoren folgen werden.
Wenngleich es mit dem Project 2025 einen ideologischen Überbau für den Trumpismus gibt, so ist das Handeln des amtierenden US-Präsidenten noch immer primär von persönlichen Interessen geleitet. Und auch wenn man diese nur schwerlich beeinflussen kann, so kann man die nächsten Schritte dennoch vorhersagen. Und jeder von der US-Politik sanktionierte Staat bietet Chancen für neue, eigene Partnerschaften. All dies erfordert eine Erweiterung des Schönwettermarketings um Instrumente der Wirtschaftskriegsführung.
Trends Politik & Recht 2026
Das politisch-rechtliche System der USA (d.h. der ältesten Demokratie der Welt), wie wir es kennen, existiert nicht mehr.
- Präsidiale Dekrete sind nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel. Senat und Repräsentantenhaus sind auf eine Statistenrolle zurückgeschnitten worden.
- Nicht nur US-Vizepräsident Vance zweifelt die Gewaltenteilung an. Unliebsame Gerichtsurteile werden bis zur letzten Instanz durchgefochten. Und selbst dann wird die Unabhängigkeit und Autorität der Gerichte in Zweifel gezogen. Es gilt das Primat der Exekutive, die bei Bedarf auch Urteile und deren Durchsetzung nach eigenem Belieben ignoriert. Politische Gegner werden mit SLAPP-Verfahren (Strategic Lawsuit Against Public Participation) überschüttet.
- Bislang konnten sich die Amerikaner auf die Kompetenz staatlicher Behörden und Agenturen wie z.B. der FDA, der amerikanischen Arzneimittelbehörde Food Drugs Administration verlassen. Tausende vom Staatsbediensteten aus der Biden-Ära haben ihren Job verloren. Das amerikanische Beamtentum wird politisiert. Völlig unklar ist, wer im Ernstfall dieses fehlende Wissen ersetzen soll bzw. wer z.B. im Katastrophenfall herfür verantwortlich ist. Zusätzlich wurde Bundesbediensteten die Möglichkeit für das Arbeiten im Home Office entzogen.
- Die Durchsetzung von Todesstrafen in den USA wird forciert. Zuvor erhielten hunderte von Straftätern, die das Kapitol am 6. Januar 2021 erstürmt hatten, eine Amnestie.
- Strafen gegen israelische Siedler wurden ausgesetzt. Die USA erlauben es Israel, die im Gazastreifen lebenden Palästinenser zu vertreiben.
- Die radikalste Erkenntnis aus den ersten Monaten der zweiten Amtszeit von Donald Trump dürfte jedoch die sein, dass die USA dabei sind, sich aus dem westlichen Werte- und Verteidigungsbündnis zu verabschieden. Die Erpressung der Ukraine zur Abgabe seltener Erden, ohne dafür eine Gegenleistung in puncto Schutz gegen Russland zu erbringen, erinnert an dunkle Zeiten des Kolonialismus. Hierzu passt die von Trump angedrohte Annektierung von Grönland oder auch des Panamakanals. Derweil geht das Sterben in Kiew weiter und zwingt die Europäer dazu aufzurüsten.
Demokratien sind auf unserem Planeten auf dem Rückzug. Autokratische Staaten beherrschen die öffentliche Wahrnehmung. Umso wichtiger ist es, nicht blind den Behauptungen und Fake News ihrer Repräsentanten zu folgen, sondern kritisch zu hinterfragen, deren aus Übertreibungen resultierenden Schwächen zu erkennen und gleichzeitig die eigene Demokratie wehrfähig zu machen. Manager müssen anerkennen, dass Diskussionen über Demokratie & Gesellschaft auch vor Unternehmensgrenzen nicht Halt machen und daher aktiv unterstützt werden sollten.
Trends Medien & Gesellschaft 2026
Es ist wichtig zu begreifen, dass der Trumpismus mehr als nur ein wirtschaftspolitisches Konstrukt ist. Die von ihm ausgehenden Schockwellen werden langfristig unumkehrbare Kipppunkte in unseren Gesellschaften tangieren.
- Die USA und auch andere Staaten befinden sich in einer Identitätskrise. Wofür steht ein Staat und dessen Verpflichtungen zur Daseinsfürsorge, wenn die Anzahl und die Dimension zukünftiger Krisen immer weiter zunehmen? Für den Trumpismus und seine Nachahmer lautet die Antwort ganz einfach: „Jeder für sich, Gott für alle.“ Diese radikale Haltung beschleunigt die Spaltung von gewachsenen Strukturen eines Landes und den Zusammenhalt ihrer Bevölkerung. Die Sorge um einen „Bürgerkieg“ breitet sich aus und wird zur Blaupause für Rechtsradikale auf der ganzen Welt.
- Trumps Ankündigung eines goldenen Jahrhunderts für Amerika ist eine Fata Morgana. Bereits jetzt sehen Experten wie der renommierte Ökonom Jeffrey Sachs massive Auflösungserscheinungen in den USA. Die übersteigerten Erwartungshaltungen an eine Verbesserung der Lebensumstände in den USA werden nur durch immer mehr Lügen und Feindbilder aufrechterhalten. Die USA seien danach das Opfer ausländischer Kräfte. Verstärkt wird all dies durch Verschwörungstheorien von Anhängern der „dunklen Aufklärung“, welche die Tech-Unternehmen und deren Freedom-Cities als die finalen Gewinner dieses Gesellschaftsumbaus ansehen.
- Richtig ist vielmehr, dass die von Donald Trump und den MAGA-Anhängern ausgelöste Kettenreaktion die Vormachtstellung Chinas verstärken wird. Immer mehr Staaten präferieren eine Zusammenarbeit mit China, statt sich amerikanischer Willkür zu unterwerfen. Dass dabei eine Vielzahl neuer Risiken in Kauf genommen werden, sollte uns zu denken geben. Fakt ist, dass Präsident Xi bereit ist, das Erbe der USA als Anführer souveräner Nationen anzutreten. Derweil ist zu befürchten, dass der Antiamerikanismus weltweit zunehmen wird.
- „America First“ wird zur Blaupause für andere Gesellschaften, die sich gegen alles Fremde abgrenzen und sich auf nationale Themen konzentrieren. Internationale Konflikte drohen in den Hintergrund zu rücken; die nach dem Rückzug von US-Aid verschärften Probleme mit Hunger, Durst und Krankheiten in Afrika interessieren Trump überhaupt nicht. Fakt ist: Dieses auf die eigene Nation fokussierte Denken ein historischer Anachronismus, der nicht in eine Zeit globaler Wertschöpfungsketten passt.
- „Flood the zone with shit” lautet das Medienprinzip, das der ehemalige Trump-Berater Steve Bannon vorgegeben hat und nach dem das allgemeine Medien-Bashing des US-Präsidenten und der MAGA-Bewegung funktioniert. Die Verbreitung komplett erfundener Fake News und absurder Verschwörungstheorien sollen verwirren, ermüden und Gegner nachhaltig stigmatisieren. Eine überforderte Gesellschaft, die sich an derartige Verdrehungen und Tabubrüche gewöhnt, schweigt irgendwann. So, wie die Demokraten nach einem schmutzigen Wahlkampf der Republikaner in 2024 noch bis heute eher damit beschäftigt sind, ihre eigenen Wunden zu lecken, statt sich auf eine erfolgreiche, konstruktive Oppositionspolitik zu konzentrieren.
- Last but not least zeigt der Trumpismus, dass er nur dann funktioniert, wenn eine Reihe gesellschaftlicher Megatrends bewusst ignoriert und aus der eigenen Gleichung gestrichen werden. Dazu zählt die nicht zu leugnende Tatsache, dass westliche Bevölkerungen älter werden und immer mehr Menschen die Altersarmut droht. In Deutschland sehen wir u.a. dass die finanzielle Unterstützung für Jugend- und Sozialeinrichtungen gerade im ländlichen Bereich zurückgefahren wird. Dies eröffnet auch bei uns rechtsextremistischen Parteien und deren Politikern Wege, um jüngere Zielgruppen frühzeitig anzusprechen und zu radikalisieren.
Die von Trump ausgehende Spaltung der Gesellschaft bietet die Chance auf eine Renaissance der europäischen Idee im Sinne eines Gegenpols zu Washington. Gerade in Krisenzeiten sind Solidarität und Vielfalt bei der Lösungssuche gefragt. Und beides findet man eher in Europa als in den USA, die möglicherweise auf dem Weg in die Rezession sind und für ausländische Unternehmen rechtsunsicherer werden.
Trends Wissenschaft & Technologie 2026
- War on Science: Trump hat den Wissenschaften den Krieg erklärt. Ausländische Studierende und Lehrende verlieren ihr Visum. Eines der prominentesten Opfer ist die renommierte Harvard-Universität, die von der staatlichen Finanzierung abgeschnitten wird. Das US-Bildungsministerium wurde von DOGE zerschlagen. Diese offene Feldschlacht zwischen der Trump-Regierung sowie Forschung & Lehre kommt nicht überraschend. Obwohl die USA bislang das Land mit den meisten Nobelpreisträgern sind, geistern seit vielen Jahren in einzelnen Bundesstaaten “alternative Wahrheiten” herum. So wird in den USA zunehmend darüber gestritten, ob man Darwins Evolutionslehre unterrichten darf. Die Anhänger dieses Kreationismus berufen sich auf ihren evangelischen Glauben und ihre Meinungsfreiheit. Doch Meinungsfreiheit ist kein Freifahrtschein für eine systematische Verdummung. Wer Wissenschaft mit Ideologie gleichsetzt, stellt nicht nur die Wissenschaft infrage, sondern auch Aufklärung, kritisches Denken und letztlich die Demokratie selbst.
- Privatisierung der Bildung: Hintergrund dieser Kriegserklärung gegen die Wissenschaft ist das offen erklärte Bestreben der Trump-Anhänger, die Deutungshoheit über Wissenschaft und Bildung zu erlangen. Statt staatliche Schulen und Universitäten zu fördern, sollen private Bildungsanbieter ein neues Bildungsmonopol aufbauen. Gleichzeitig kündigt Elon Musk an, dass er mit Hilfe von KI die aus seiner Sicht unvollkommene Wissenschaft korrigieren will. Dazu gehört auch ein Neu- und Überschreiben geschichtlicher Gewissheiten. Damit einhergeht das systematische Löschen von Online-Einträgen und Archiven über historische Ereignisse, schwarze Demokraten und Kriegsveteranen, die nicht in das Narrativ des Trumpismus passen.
- Top-Wissenschaftler verlassen die USA, wenn sie es können. Von diesem Brain Drain profitieren insbesondere europäische Hochschulen und Unternehmen. Scientific Headhunting hat Hochjunktur. Spitzenforschung wird primär aus China und Europa kommen. US-Forschungsergebnisse müssen leider zukünftig einem erweiterten Faktencheck unterzogen werden.
- Weltweite Politisierung von Forschung & Lehre: Was in den USA gerade passiert, ist keine ferne Kuriosität. Es ist ein Brandherd, der auch andere Länder erfasst. Wenn politische Macht skrupellos eingesetzt wird, kann Wissenschaft in jeder Demokratie untergraben werden. Auch in Europa. Populistische Politiker schüchtern bereits jetzt systematisch Lehrer an deutschen Schulen ein. Mit der Einführung von Ausländerquoten an deutschen Schulen wird eine Zwei-Klassen-Bildungsgesellschaft forciert. Was kommt als nächstes?
- Gewinner und Verlierer: Aktuell scheinen KI & Quantenforschung, Rüstung und Energie (nicht zuletzt wegen des Energiehungers künstlicher Intelligenz) mit weitem Abstand die Gewinner dieser geopolitischen Veränderungen zu sein. Nachhaltigkeit, und Medizin verlieren massiv an Bedeutung. Nach dem Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation WHO hat der amtierende US-Gesundheitsminister Robert Kennedy jr. das US-Expertengremium für Pandemievorsorge aufgelöst. Dadurch lässt er nicht nur die USA, sondern auch den Rest der Welt hilflos zurück, wenn sich in der Zukunft wieder eine Pandemie entstehen sollte. Viren interessieren sich wie beim Klima nicht für Staatsgrenzen.
- Faktenchecks gegen Lügen als neue Normalität: Hannah Arendt hat einmal gesagt: “Der ideale Untertan totalitärer Herrschaft ist nicht der überzeugte Nazi oder Kommunist, sondern der Mensch, für den der Unterschied zwischen Tatsache und Fiktion und der Unterschied zwischen wahr und falsch nicht mehr existiert.” Mit Donald Trump und seinen loyalen, aber leider inkompetenten Regierungsmitgliedern laufen wir Gefahr, dass Harvard und andere Universitäten fallen. Und dann ist es nur noch ein Katzensprung zur Weltherrschaft der Lüge. Dies mag für einige martialisch klingen, ist aber bedauerlicherweise der Weisheit letzter Schluss.
Bildung war und ist einer der wichtigsten Wachstumsmotoren. Und auch wenn die USA und China die Nase im globalen KI-Wettstreit vorne haben, so gibt es eine Reihe erfolgskritischer Nischenthemen in der Forschung, die gerade jetzt von den Vereinigten Staaten vernachlässigt werden und aus denen die Weltmarktführer von Morgen hervorgehen könnten.
Trends Ökologie & Energie 2026
- Es ist eine unbestrittene Tatsache: Mit Donald Trump ist ein lupenreiner Klimaleugner zum zweiten Mal in das Weiße Haus eingezogen, der nun beabsichtigt dauerhaft zu bleiben. Daher verwundert es wenig, dass eine seiner ersten Maßnahmen der Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen gewesen ist. Die unter Joe Biden geförderten Projekte zum Ausbau alternativer Energien (im Zuge des Inflation Reduction Act) wurden beerdigt.
- Das Thema Nachhaltigkeit verschwindet seitdem zunehmend aus der Öffentlichkeit. All dies passiert, obwohl die USA eines der Länder sind, die bereits jetzt die schmerzhaften Folgen des Klimawandels zu spüren bekommen. Neben tausenden Toten von klimabedingten Katastrophen, wurden laut Versicherern bereits im Jahr 2023 die wirtschaftlichen Schäden durch Extremwetterereignisse auf bis zu 496 Mrd. US-Dollar geschätzt. Diese Zahl dürfte unter Trump weiter ansteigen. Versicherungen werden sich sehr genau überlegen, ob sie in amerikanischen Risikogebieten Assekuranzen anbieten werden bzw. zu welchem Preis.
- Fossile Brennstoffe finden dank des „Big Beautiful Bill“ eine Hochzeit. Die zunehmende Unsicherheit der US-Regierung als verlässlicher Partner werfen jedoch die Frage auf, wieviel LNG-Gas aus Amerika klug ist. Nachdem Russland bereits demonstriert hat, dass Energieträger als Waffen eingesetzt werden können, könnten auch die USA eines Tages dieses Druckmittel trotz bestehender Verträge gegen Deutschland und Europa einsetzen.
- Das Streichen der US-Aid hat gravierende Folgen für die Welternährung wie auch für Nachhaltigkeitsprojekte in Entwicklungsländern. Inwieweit andere Staaten wie China das so geschaffene Vakuum besetzen werden, steht angesichts der Dimension der entstandenen Lücke (71,9 Mrd. US-Dollar im Jahr 2023) noch völlig offen.
- Die Förderung der KI in den USA wird den Energiehunger weiter anwachsen lassen. Ob Atomkraft die Lösung hierfür sein kann, darf stark bezweifelt werden.
Je sichtbarer die Folgen des Klimawandels werden, desto wichtiger wird Nachhaltigkeit zum Unterscheidungsmerkmal für deutsche und europäische Unternehmen. Die kurzfristigen Einsparungen durch das Ignorieren von Umweltschutz- und Klimazielen werden schon bald zu einer sehr viel höheren globalen Gesamtrechnung führen.
Fazit
Die unter Donald Trump ausgelösten Veränderungen sind mehr als nur Kurskorrekturen, sondern implizieren ein völlig neues System. Statt auf mehr Sicherheit zu hoffen, gilt es, diese radikalen Veränderungen nicht nur als Krise, sondern auch als Chance zu begreifen. Vorausgesetzt, man ist bereit, selbst Verantwortung zu tragen. Last but not least, sollten wir uns alle vergegenwärtigen, dass Antiamerikanismus die falsche Antwort ist, weil sie den Trumpismus und dessen eigenes Feindbild gegenüber dem Ausland stärken würde. Vielmehr geht es neben der Suche nach eigenen Wegen auch darum, die Brücken zu den Vereinigten Staaten aufrecht zu erhalten und die Solidarität mit all den US-Unternehmen und deren Menschen zu stärken, die auch in Zukunft an gemeinsamen Werten festhalten wollen.
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